Knut Gerschau

Agenda 2030 bleibt globales Leitbild

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) wurden von den Vereinten Nationen entworfen, um eine nachhaltige Politik auf sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene zu sichern. Sie traten 2016 mit einer Laufzeit von 15 Jahren in Kraft. Die Bundesregierung hat jüngst eine Halbzeitbilanz der sogenannten „Agenda 2030“ vorgelegt, die wir im Deutschen Bundestag debattiert haben.

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist leider manchmal unnötig belastet, durch den Vorwurf der Weltfremdheit, durch Bürokratie, durch Fehlinterpretation der Ziele. Dabei kann Nachhaltigkeit eine wirtschaftliche Erfolgsformel für Deutschland werden. Dazu müssen wir ressourceneffiziente, schadstoffarme und klimafreundliche Produkte in allen Bereichen entwickeln. Die Politik ist aufgefordert, für die Unternehmen – vor allem die mittelständischen -, die diese Produkte herstellen und vertreiben, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern. Ein wichtiger Aspekt ist eine beschleunigte Genehmigung umweltfreundlicher Produkte. Ein weiterer Aspekt: wir brauchen qualifizierte Fachkräfte. Aus dem Inland – wir müssen für gute Bildung und Ausbildung sorgen. Und aus dem Ausland – deswegen gestalten wir die Fachkräftezuwanderung neu.

Auf globaler Ebene sind viele der Nachhaltigkeitsziele gefährdet, vor allem durch die Auswirkungen der Pandemie. In jedem vierten Entwicklungsland sind die Menschen ärmer, als sie es vor Covid-19 waren. Von den prioritären Zielen einer Auslöschung der extremen Armut und des Hungers sind wir weit entfernt.

Noch ist es nicht zu spät, um bis 2030 bei der Erreichung der meisten Ziele kräftig aufzuholen. Grundlage dafür ist eine langfristige Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den betroffenen Ländern.

Wie Freie Demokraten schlagen hierzu eine Reihe von Maßnahmen vor. Dazu gehören: Investitionen in klimaneutrale Energien wie Wasserstoff. Die Sicherung eines freien und regelbasierten Handelssystems. Eine Konzentration auf multilaterale Foren, die häufig effektiver arbeiten als vereinzelte bilaterale Initiativen. Der Aufbau eines Gesundheitssystems, das diesen Namen verdient.

Und vor allem eine globale Bildungsinitiative, denn Bildung und Ausbildung für die zunehmend jüngere Bevölkerung in unseren Partnerländern ist die Grundlage für alles andere – für den Aufbau eines Mittelstands, für Teilhabe möglichst vieler Menschen am politischen und gesellschaftlichen Prozess. Bildung spielt auch eine wichtige Rolle bei der Reduzierung des Bevölkerungswachstums, das in Afrika Fortschritte bei den Nachhaltigkeitszielen durch die immer größere Anzahl von Menschen zu gefährden droht.

Die Entwicklungsländer selbst dürfen nicht untätig bleiben. Wir wollen sie unterstützen bei der Konsolidierung ihrer Staatsfinanzen, Stabilisierung der Steuer- und Finanzinstitutionen durch klare Landrechte, regelmäßigen Steuereinnahmen und Fairness bei Kreditvergaben. Aber auch bei einem entschlossenen Kampf gegen Korruption und einem besseren Investitionsklima für Privatunternehmen, durch Entlastung von Bürokratie, Rechtssicherheit und den Aufbau sozialer Sicherungssysteme. Wichtig ist mir auch eine bessere Vereinbarung von Natur und Industrialisierung im Sinne eines globalen „Green Deal“: Sicherung der Ernährung durch innovative Landwirtschaft und technische Neuerungen, begleitet von einem umfassenden Schutz der Biodiversität.

Die Bundesregierung will dabei fair bleiben gegenüber allen Beteiligten. Wir müssen wertebasiert handeln, dürfen unseren Partnern aber nicht alles vorschreiben, was wir gerne schnell umgesetzt hätten. Wir dürfen Menschen, die investieren wollen, keine Steine in den Weg legen, wir müssen sie unterstützen. Dabei erwähne ich ausdrücklich das geplante europäische Lieferkettengesetz, denn die deutsche Regelung ist umfassend genug.

Auf diese Weise könnten sich Maßnahmen zur Erreichung der SDGs in Deutschland und in den Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit gegenseitig inspirieren. Eine Chance für alle, die wir energisch und ohne Zeit zu verlieren angehen werden.