Knut Gerschau

Neue Finanzierungswege für Entwicklungspolitik

Bild: Stefan Trocha Photography

Die Herausforderungen für die Entwicklungszusammenarbeit werden immer größer. Die Erreichung der meisten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs), die bis 2030 umgesetzt werden sollten, ist zunehmend gefährdet. Die Gründe sind vielfältig: ökonomische Folgen der Corona-Pandemie, Ernährungsunsicherheit, Inflation, Folgen des Klimawandels durch Dürren, Überschwemmungen und andere Extremwetterereignisse, aber auch politische Unruhen und häufig schlechte Regierungsführung. Dazu kommt: Entwicklungsländer sind auf den Finanzmärkten benachteiligt, da sie zu deutlich ungünstigeren Bedingungen Kredite aufnehmen können als Industrieländer. Ihre Kreditwürdigkeit ist schlecht, die Kreditkosten steigen.

Um all dies in den Griff zu bekommen, bedarf es erheblicher finanzieller Mittel. Diese können die betroffenen Länder meist nicht selbst stemmen, denn sie befinden sich oft in der Schuldenfalle. Die Auslandsverschuldung und die Zahlungen für den Schuldendienst haben sich in Entwicklungs- und Schwellenländern seit der globalen Finanzkrise mehr als verdoppelt. Aktuell sind 70 Länder akut von Verschuldung bedroht, am stärksten betroffen ist Afrika. Rund 40 Prozent der Weltbevölkerung leben in Ländern, in denen der Staat mehr für Zinszahlungen ausgibt als für Bildung oder Gesundheit. Hinzu kommt das Vorgehen Chinas, das vielen Ländern Afrikas und Asiens günstige Kredite eingeräumt hat, nun aber mit Nachdruck seine Dividende einfordert und sich im Zweifel mit Rohstoffen und der Übertragung des Eigentums an der lokalen Infrastruktur bezahlen lässt.

Bei der Verwirklichung der SDGs tut sich eine gewaltige Finanzierungslücke auf. Sie wird von Experten auf 4,2 Billionen Dollar pro Jahr geschätzt. Dies kann nicht allein durch staatliche Zuschüsse und Kredite gestemmt werden. Auch die private Wirtschaft und die Regierungen der Entwicklungsländer selbst stehen in der Pflicht. Es bedarf auch gänzlich neuer Finanzierungsinstrumente. Diese sollen im Juni 2025 auf einer Konferenz für Entwicklungsfinanzierung in Madrid ausgearbeitet werden, für die derzeit vorbereitende Treffen stattfinden.

Schon jetzt ist deutlich, welche Möglichkeiten im Vordergrund stehen werden:

  • Reformen von Institutionen wie Weltbank oder Internationaler Währungsfonds. Die Weltbank hat sich bereits mit Unterstützung der Bundesregierung darauf festgelegt, künftig ein neues Leitbild zu entwickeln und ihren Geschäftsbereich auf die Förderung von globalen öffentlichen Gütern wie Energie und Infrastruktur zu erweitern. Außerdem werden neue Finanzierungsformen wie das Hybridkapital entwickelt, das eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital darstellt.
  • Die Schaffung frischer, nicht auf Schulden basierender, Liquidität für Entwicklungsländer.
  • Ein besseres Steuerregime sowohl in den betroffenen Staaten als auch auf internationaler Ebene, insbesondere ein scharfes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung.
  • Die Mobilisierung privater Finanzmittel vor allem in zukunftsträchtigen Bereichen wie Energie und Aufbau von Wertschöpfungsketten; diese haben regelmäßig eine starke Hebelwirkung und mobilisieren Ressourcen vor Ort.
  • Maßnahmen zur Entschuldung und zu einer einheitlichen, kodifizierten globalen Regelung möglicher Staateninsolvenzen. Letzteres ist bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Hierfür braucht es klare Regeln bezüglich Verlässlichkeit, Transparenz und der Etablierung dauerhaft tragfähiger öffentlicher Finanzen in den Schuldnerländern. Darüber hinaus beteiligt sich die Bundesregierung an Schuldenerlassen für die ärmsten Ländern und an Umschuldungsinitiativen.

Ein sehr gutes Beispiel ist die „Debt2Health“-Initiative, an der die Bundesregierung maßgeblich mitgewirkt hat. Dabei verzichtet der Gläubigerstaat auf Ansprüche, wenn das Empfängerland einen Teil des Gegenwertes des Schuldendienstes in konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der örtlichen Gesundheitssysteme einsetzt – vor allem bei der Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. Einer teilweise geforderten Ausweitung dieser Initiative in Richtung „Debt2Climate“ oder anderer Ziele stehe ich skeptisch gegenüber. Bei Umschuldungsvereinbarungen muss die Richtung klar vorgegeben sein, und es bedarf der Mitarbeit internationaler Organisationen für die Überwachung und Erreichung der Umschuldungsziele.

Innovative Finanzierungsinstrumente und die Neugestaltung der Schuldenarchitektur gehören zu den größten aktuellen Herausforderungen der Entwicklungspolitik. Sie müssen begleitet werden von der Ausweitung des Handels als Zukunftstreiber und von privaten Investitionen in Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern. Ebenso müssen wir die deutsche Entwicklungszusammenarbeit fokussieren und effektiver gestalten. So lassen sich langfristig Verarmung, Hunger, Krankheiten und fehlende Bildung global bekämpfen. Die Freien Demokraten werden sich an diesem Prozess aktiv beteiligen. Denn wenn uns dies nicht gelingt, fallen die Konsequenzen auch auf uns selbst zurück.